Betonhaus Mauerbach Wien

Mauerbach knüpft nicht nur an die alte Tradition der Werkbundsiedlungen an, sondern war zugleich als Labor gedacht, das die architektonischen Möglichkeiten des Betons im Wohnungsbau experimentell auslotete.

Der Gesamtplan von Adolf Krischanitz für diese neue Werkbundsiedlung sieht eine doppelte, parataktische Reihung der Baukörper vor, die im Innern einen Grünraum umschliesst. Diese Anordnung schafft mehrere Besonderheiten, welche die Entwicklung der Wohnungsgrundrisse entscheidend mitbestimmt: erstens eine vorgegebene dreigeschossige Bauweise mit vier Wohnungen und einer lateralen, strassenseitigen Erschliessung; zweitens eine ungewohnt geringe Gebäudetiefe mit ebenso geringem Abstand zwischen den einzelnen Baukörpern. Wir nahmen diese geringe Tiefe zum Anlass, Essen, Kochen und Wohnen direkt entlang der Fassade aufzureihen und damit die oft notwendige Tiefenstaffelung der Funktionen zu vermeiden. Die offene räumliche Disposition, in der die Küche als schmaler Einbaukörper an der Aussenwand vorgegeben ist, erlaubt einen direkten Blick vom Eingang und in die offene Balkonecke. Diese diagonale räumliche Ausrichtung orientiert die einzelne Wohnung an den nahen Nachbargebäuden vorbei auf den Wienerwald und den Park.

Aussen sind an den Ecken dieses lapidaren Betonkörpers riesige Öffnungen eingeschnitten, die der Härte des Kubus durch Auslassungen an diesen empfindlichen Übergängen eine Zerbrechlichkeit entgegensetzen. In den Loggien trennen sich zusätzlich die inneren Abschlüsse der Fenster vom orthogonalen Betongehäuse und erzeugen eine Art im Körper eingelagerte Aussenräume.

Den rigiden Herstellungsbedingungen auf heutigen Baustellen begegneten wir durch die Verwendung eines trivialen Rahmenschalungssystems – eigentlich eine Schalungstechnologie aus dem Industriebau –, dessen Umrisse sich nur fein als Matrix auf dem Beton abzeichnen. Diesen profanen Ausdruck haben wir anschliessend zu unterlaufen und zu überspielen versucht, indem wir die Farbigkeit in den einzelnen Betonieretappen verändert haben, sodass farbige und nichtfarbige Flächen zueinander in einen scharfen Kontrast treten. Durch das gesteuerte Bild der Farbetappenfelder wurde ein Muster gegen die eingespielten Wahrnehmungsgewohnheiten des Betons erzeugt, das Fragen von Schalungsbildern, Arbeitsfugen, selbst Geschossstrukturen in den Hintergrund drängt.

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ORT: WIEN (A)
PROJEKT: 2000–2007
BAUHERRSCHAFT: Österreichisches Siedlungswerk, Wien (A); Gesellschaft Für Stadtentwicklung und Stadterneuerung, Wien (A)
MEILI, PETER ARCHITEKTEN: Marcel Meili, Markus Peter; Jürg Spaar; Konrad Mangold, Zeno Vogel, Tobias Wieser
IN KOOPERATION MIT: Architekten Krischanitz & Frank (Gesamtleitung), Wien (A)
INGENIEURE: Gmeiner Haferl Zivilingenieure, Wien (A)
LANDSCHAFTSARCHITEKTUR: Anna Detzlhofer, Wien (A)

©PEZ HEJDUK (PROJEKTSEITE); JÜRG SPAAR (WERKVERZEICHNIS)

Publikationen/Auszeichnungen
VIENA 9=12, UNA COLONIA MODELO | Arquitectura Viva, Nr. 97/200
RENAISSANCE EINER PR-IDEE | Werk, Bauen + Wohnen, Nr. 1|2/2003
HADERSDORF-PARIS RETOUR | Capacity, Nr. 12/2007
9 IST NICHT 12, SONDERN 10 | Architektur & Bau Forum, Nr. 10/2007
9=12 NEUES WOHNEN IN WIEN | Beton Zement, Nr. 6/2007
GEGEN DIE MACHT DER GEWOHNHEIT. EINE MUSTERSIEDLUNG AM WESTLICHEN STADTRAND VON WIEN | Neue Zürcher Zeitung, 10.03.2008
9=12 IN WIEN | Tec21, Nr. 09/2008
MUSTERSIEDLUNG HADERSDORF | Verlag Niggli, 2009