Drehrestaurant Hoher Kasten Appenzell

Auf dem Hohen Kasten, einem Ausflugsziel in den Voralpen, steht schon seit Jahrzehnten ein Restaurant, das mit einer Bergbahn erschlossen ist. Der Aussichtspunkt, an einem Ort spektakulärer Schönheit, sollte durch ein Drehrestaurant ersetzt werden. Eine solche Anlage ist ein bedeutender Schritt beim «Umbau der Berge»: Sie ersetzt die Idee der Berghütte, welche letztlich eine Verschmelzung mit der Landschaft suchte, durch eine Wahrnehmungsmaschine für das Panorama.

Wir erachteten allerdings diese Drehteller immer als eine sehr banale mechanische Antwort auf das Spektakel der alpinen Landschaft. Uns faszinierte stattdessen die grossartige Casa Girasole in der Nähe von Verona von Angelo Invernizzi aus den Dreissigerjahren, die eine grundsätzlich andere Antwort auf dieselbe Frage gegeben hat: Das drehende Winkelhaus bewegt beides, die Aussichtsterrasse, welche den Blick in die Landschaft wie eine Filmaufnahme organisiert, und die bewegliche Plastik des Hauses in der Landschaft.

Davon gingen wir aus. Zunächst lösten wir das Haus in drei Schichten auf und verschoben diese zueinander, was sowohl die Integration der Programmanforderungen nach einem geschütztem Eingang und einer Terrasse ermöglichte als auch das topografische Anschmiegen an die geologischen Ablagerungen der Felskuppe. Die Grundfigur bilden drei dreieckige Scheiben, ähnlich einem Wankelkolben. In Innern ist der Erschliessungsturm angeordnet, auf dem die oberste, drehbare Scheibe des Restaurants an einem kranartigen Traggestell aufgehängt ist. Die konvexe Plattform verfügt über konkave Einschnürungen als Aussenterrassen. Weil das Restaurant azentrisch aufgelagert ist, führt die Drehbewegung den Körper in unterschiedlich weite Ausladungen in die Landschaft hinaus. Die spezifische Geometrie führt dazu, dass der Blick aus dem drehenden Restaurant in die Berge nie von identischen architektonischen Voraussetzungen gefasst wird. In umgekehrter Richtung, von der Landschaft aus, wird das Berghaus wie eine mechanische Skulptur wahrgenommen, die ihre Form dauernd verändert.

Der Hohe Kasten spielt damit jenen Aspekt der Mechanik aus, welcher den Schauer des Erhabenen, der einst den alpinen Tourismus begründet hat, durch die kinetische Energie einer Aussichtsmaschine überformt.

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ORT: BRÜLISAU
WETTBEWERB: 2004
PROJEKT: 2004–2005
BAUHERRSCHAFT: Luftseilbahn Hoher Kasten AG, Brülisau
MEILI, PETER ARCHITEKTEN: Marcel Meili, Markus Peter; Anne Kaestle, Tobias Wieser; Medine Altiok, Solveig Scheper
INGENIEURE: Conzett, Bronzini, Gartmann Ingenieure, Chur
HAUSTECHNIK: PGMM Schweiz, Winterthur

©MMMP

Publikationen/Auszeichnungen
MASCHINE UND KAABA | Werk, Bauen + Wohnen, Nr. 10/2004
WIE MAN IN DEN BERGEN BAUT | Archithese, Nr. 4/2004
DREHEN AUF DEM HOHEN KASTEN | Neue Zürcher Zeitung, 21.05.2004
BEWEGUNG AUF DEM "HOHEN KASTEN" | Tec21, Nr. 26/2004
REVOLVING RESTAURANT IN APPENZELL | Architecture and Urbanism, Nr. 444/2007