Weserspitze Bremen

Was bedeutet es, in das Wasser eines grossen Flusses zu bauen? Die Weser war eine der bedeutenden Wasserstrassen Deutschlands, geprägt einst von einem riesigen Meerhafen 80 km im Landesinneren. Die Spuren des Wasserverkehrs, die Mauern, Verbauungen und Landestellen, prägen den Flussraum der Stadt bis heute. Ein beträchtlicher Tidenhub von 4–5 m verformt diesen weiten Stadtraum jeden Tag auf eindrückliche Weise.
Das neue Haus, ein Dienstleistungsgebäude und die Erweiterung eines Museums, werden eine städtische Insel jenseits einer hässlichen Brücke mit einem neuen, architektonischen Brückenkopf abschliessen. 

Wir waren fasziniert von den rötlichen Ufermauern und den Pfeilern der Insel, von den dunklen, basaltartigen Anschüttungen, die je nach den Gezeiten freigelegt sind und wieder im Wasser versinken. So entschieden wir uns, diese dem Wasser abgerungenen Mauerverläufe aufzugreifen, unter der Brücke hindurchzuführen und in die künstliche Schwingung eines Gebäudesockels im Wasser zu überführen. Aus diesen Grundmauern lösen sich im Mittelteil die Geschosse, sie spalten sich einzeln ab, um im doppelgeschossigen, auskragenden Abschlusskörper zur symmetrischen Gebäudefigur zusammengefasst zu werden. Das Gewicht des Bauwerks befindet sich somit – wie oft in unseren Projekten – zuoberst, die geschwungene Gestalt bildet ein ruhiges, einfaches Zeichen, das von weither zu erkennen ist. Die schlanke und aufgerichtete Stirnfront wirkt dabei fast wie ein Wasserstandsanzeiger, die Proportion der Fläche bringt durch die dauernde Veränderung unter dem Einfluss der Tide die natürliche Veränderung des städtischen Flussraums plastisch zum Ausdruck. Das Wegsystem im Sockel macht den Brückenkopf öffentlich zugänglich.

Die Weserspitze ist ein künstliches, stilisiertes Stück Insel geworden, wie der messingglänzende Knauf auf einem hölzernen Stock. Die Wände und die Brüstungen werden mit schweren, eingefärbten Betonplatten verkleidet, welche durch die ungleiche Profilierung ihrer Oberflächen Anschwemmlinien des Wassers abbilden. Nur die obersten Geschosse werden als gläserner Körper hinter einem floralen Schleier zusammengefasst. Wie in anderen Entwürfen auch (Albtal Ettlingen, Schweizer Botschaft Moskau und Diagonal Barcelona) operiert die Weserspitze an einer unscharfen Grenze zwischen Natur und Architektur.

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ORT: BREMEN (D)
WETTBEWERB: 2006
PROJEKT: 2006–2007
BAUHERRSCHAFT: Zech Immobilien GmbH, Bremen (D)
MEILI, PETER ARCHITEKTEN: Marcel Meili, Markus Peter; Christof Weber, Markus Deml

©HEINRICH HELFENSTEIN

Publikationen/Auszeichnungen
DIE ZEITUNG WEICHT DEM GROSSEN GESCHÄFT | Architecture and Urbanism, Nr. 444/2007